Stand 01/2022

 

Werk XXXV
Fort Oberer Eselsberg, Nebenwerk

Das Fort Oberer Eselsberg Nebenwerk liegt zwischen der Universitätsbibliothek Ulm und dem Oberberghof im Wald verborgen. Vom nahe gelegenen Aussichtsturm der Uni West hat man einen schönen Blick auf das Werk.

Erbaut wurde es zusammen mit dem Fort Oberer Eselsberg Hauptwerk zwischen 1883 und 1887. Es zählt damit zu den Forts der Ära Biehler, genauer gesagt zur zweiten Bauphase dieses Einheitsforts. Beide Festungswerke sollten das weitläufige Plateau des Oberen Eselsbergs besetzen, um einen Angriff auf die z.T. tiefer gelegenen Nachbarwerke unmöglich zu machen. Fort XXXV hatte das Hauptwerk zu unterstützen und war nach Westen orientiert.

Das Nebenwerk entspricht von seiner Größe dem Typus her einem Zwischenwerk, wie man sie z.B. in der im gleichen Zeitraum erbauten Festung Köln findet. Ein näherer Blick verrät, dass es sich tatsächlich um einen Zwitter handelt, nämlich um ein kleines Artilleriefort mit schweren Kampfgeschützen und der zugehörigen Infrastruktur: Kriegspulvermagazin, Ladesystem, Artilleriematerialienräume und eine zweistöckige Kehlkaserne zur Aufnahme der Geschützbedienungen.

Zwischen 1887 und 1916 wurde das Fort immer wieder im Kleinen modernisiert; ein größerer Umbau erfolgte während der Umrüstung vom Artilleriewerk zum sturmfreien Infanteriestützpunkt in den Jahren 1903­1905. Damals erhielt das Kasemattenkorps in seinem mittleren Teil eine Betonverstärkung. Die hoch aufragende Munitionsfördertraverse verlor das oberste Stockwerk und ein neuer Raum für Mannschaften wurde geschaffen. Im neu gestalteten Raumkomplex sollten Bereitschaften und Wachen bombensicher untergebracht werden. Auch der Wall wurde grundlegend für den Waffengebrauch der Infanterie umgestaltet sowie ein schusssicherer Beobachtungsstand aus Eisenbeton erbaut. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 verstärkte man die Grabenwehren mit Beton. Ein neuer Wachtraum entstand auf dem rechten Flankenwall.

Ab 1916 nutzte man es als Depot für Nahkampfmitteldepot der Ulmer Pioniere. Während des Zweiten Weltkrieges diente die linke Schultergrabenwehr als Luftschutzanlage für den benachbarten Oberberghof (Beschriftungen an den Wänden). Nach der Nutzung als Munitionsdepot von US Army und Bundeswehr zog die Universität Ulm hier ein. In der Kehlkaserne waren in den 1960er und 1970er Jahren Hunde der Tierversuchsanstalt Oberberghof untergebracht. Seit die Anstalt ausgezogen war, stand das Werk leer. 1993 erfolgte seitens des Landes Baden-Württemberg die Trockenlegung der Kehlcaponniere, die bereits starke Mauerabplatzungen zeigt.

Seit Ende 2009 engagieren sich Mitglieder des Förderkreis Bundesfestung im Fort. Sie unterstützen das Amt Vermögen und Bau Baden-Württemberg beim baulichen Erhalt und beim Mähen der Anlage. Ein wichtiger Schritt war der Einbau von Interimsfenstern in den meisten Kasematten, um weitere Frostschäden zu vermeiden. Ein 2014 aus statischen Gründen abgetragener Teil der rechten Contrescarpe der rechten Kehle wird vom Land seit Frühjahr 2019 wieder aufgebaut.

Zur Zeit wird von den Mitgliedern in einem ausgewählten Bereich im Kasemattenkorps und in der linken Schultercaponniere die 1904 eingebaute elektrische Alarmierungsanlage funktionsfähig nachgebaut. Dabei dient die erst jüngst in einem Militärarchiv entdeckte Vorschrift „Technische Gesichtspunkte für die Anlage, Instandhaltung und den Gebrauch von elektrischen Alarmirungs-Vorrichtungen“ von 1895 als Anhalt. Originale Reste aus der Zeit zwischen 1895 und 1906 gibt es nur noch in einem Ingolstädter Fort. Sie wurden als Vorbild für die gegenwärtige Rekonstruktion verwendet.

Heute ist das Fort Oberer Eselsberg Nebenwerk ein besonders gut erhaltenes Beispiel des deutschen Festungsbaus um 1880. Anlagen aus dieser Zeit gibt es in Deutschland nur noch sehr wenige. Im Innern wartet es mit vielen schönen Details auf, wie z.B. eine komplett erhaltene originale Toilettenanlage. Leider verschlechtert sich sein Bauzustand durch einsickerndes Wasser zusehends, so dass weitere Investitionen dringend erforderlich sind, um den Bestand zu retten.

Allgemeine Impressionen der Außenbereiche:
Werkseingang (1), Kehlkaserne (2-4), Hauptpoterne (5), Kasemattencorps (6), Firmenemblem (7), Hohltraverse auf dem Wall (8). Nur durch die regelmäßige Pflege (Mähnen, Reinigung, Wartung, etc.) kann der Zustand erhalten und verbessert werden.

Im Innenbereich wurden zahlreiche Renovierungen durchgeführt und originale Details gesichert:
Kasematte in der Kehlkaserne (1), Pulvermagazin (2) zum Einbau der Holzböden / -regale vorbereitet, Beschriftung (3) und Fenstersicherungen im Wachtraum (4), Bauplakette (5) und der Abort vor (12/2019) und nach (07/2021) der Renovierung.

Die Alamierungseinrichtung wurde nach den technischen Richtlinien rekonstruiert. Hunderte Meter hölzerne Kabelkanäle mussten hergestellt und in den Gewölben in bis zu 6m Höhe montiert werden. Der ehemalige Verlauf konnte anhand alter Befestigungslöcher rekonsruiert werden:
Die Alarmzentrale (1), die Poterne (2) zur linken Spitzengrabenwehr (3), in der Spitzengrabenwehr (4+5),
Bereitschaftsraum (6+7)

 

 

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